Eine Kleinstadt in den USA: Die Highschool-Schülerin Carolyn Harper zieht sich mit einem Jungen in den nahliegenden Wald zurück. Als sie sich kurz vor dem gemeinsamen Sex umentscheidet, fährt er weg und lässt sie ohne ihre Brille alleine im Wald zurück. Am nächsten Tag ist Carolyn verschwunden. Der Vorfall löst in der verschwiegenen Kleinstadt Wellen unter der Oberfläche aus.
Nicht nur die hypnotisch-düstere Stimmung in die Regisseurin Redder die Stadt dabei einhüllt, erinnert dabei an Twin Peaks. Trotzdem ist Knives and Skin ein komplett eigenständiges und in vielen Bereichen fundamental anderes Werk.
In Knives and Skin lauert kein dunkles Urböses im Hintergrund. Die Konflikte liegen in den einzelnen Familien, in Ehen, die eigentlich schon lange vorbei sind, Depressionen oder verheimlichter Arbeitlosigkeit. Dinge, zwischen denen sich die örtlichen Teenagerinnen irgendwie zurecht finden müssen und dies auf ihre ganz eigene Weise auch beindruckend tun.
Überhaupt fokussiert Knives und Skins auf eine weibliche Sicht. Auf Frauen und Mädchen, die ihre Wünsche einfordern und ihre Grenzen deutlich ziehen. Manche laut und unübersehbar wie das Band-Trio, andere leise, aber nicht weniger bestimmt. Als ein Polizist Carolyns Mutter nahe legt, sich weniger dramatisch zu benehmen, meint diese nur trocken, sie dürfe das, er habe schliesslich seine Tochter noch. Und eine Schülerin wiederholt ohne zu zögern: „Du behandelst Mädchen wie Dreck.“, als ihr Ex-Freund ihr voller Ernst klarmachen will, sie können sich nicht von ihm trennen, weil er doch einen Mustang besitzte und überhaupt der tolle Schulhengst sei. Eine Andere verkauft die gebrauchte Unterwäsche ihrer Mutter an den Geschichtslehrer.
Was dabei unter geht, ist das Mysterium der verschwunden Carolyn, um dessen Aufklärung es in Knives and Skins am Ende nie wirklich geht. Carolyn dient lediglich als Auslöser einer in hypnotische Neofarben und Glitzer getauchten Beobachtung von Geschehnissen. Der Film ist weniger in sich geschlossene Erzählung, als feine Zeichnung einzelner Szenen. Diese mögen nie nervenzerreisend dramatisch sein, kommen aber trotzdem in ihrer Präzision mit klarer Schärfe.
Fazit
Knives and Skin ist ein hypnotisch-dunkler Highschool-Thriller, dem es weniger um sein Mysterium, als um die Sichtweisen seiner selbstbestimmten weiblichen Figuren geht.
Knives and Skin lief am Neuchâtel International Fantastic Film Festival (NIFFF) 2019.
Knives and Skin (2019), Regie: Jennifer Reeder, USA.
(Titelbild: NIFFF)
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