Für seine Rolle im Film High-Rise ging Luke Evans an seine Grenzen. Im Interview hat er uns verraten, warum man so etwas macht, wie er damit umgegangen ist und weshalb er sich besonders über seine nächste Rolle in Die Schöne und das Biest freut.
Luke Evans ist momentan vor allem bekannt für seine Rolle als „Bard, the Bowman“ in der Hobbit-Trilogie sowie für seinen Titelrolle in Dracula Untold (2014). In der Dystopie-Buchverfilmung High-Rise von Regisseur Ben Wheatley zeigt er nun, dass er auch andere Rollen kann.
In High-Rise spielt er Richard Wilder, den Bewohner eines Hochhauses in den 1970er Jahren. In den unteren Stockwerken wohnt die Mittelschicht, während die oberen Luxus-Stockwerke den Reichen gehören. Zu Beginn nur leicht schwellende Konflikte arten bald in einem blutigen Klassenkampf aus. Nicht unschuldig daran ist Wilder, der den Aufstand gegen die Oberschicht anstachelt.
Als ich Luke Evans am 11. Zurich Film Festival im obersten Stock des Zürcher Club Mascotte für das Interview treffe, ist er zum Glück wesentlich lockerer drauf. Er strahlt eine perfekt charmante Version von dem aus, was man nur mit „legerer Coolness“ umschreiben kann.
Blogbusters: Haben Sie gewusst, auf was Sie sich mit Ihrer Rolle in High-Rise einlassen?
Luke Evans: Ja, das Drehbuch war sehr deutlich. Ich wollte an meine Grenzen gehen. Der Gefahrenaspekt der Rolle hat mich angezogen, der Charakter hat mir ein wenig Angst gemacht. Ich war nur nicht darauf vorbereitet, wieviel Zeit ich mit Blut überdeckt verbringen würde. (lacht)
An Blut sind Sie sich ja langsam gewöhnt (er spielte einen Blutsauger in Dracula Untold, Anm. d. Red.).
(lacht) Ja, irgendwie komme ich einfach nicht vom Blut weg, ich weiss auch nicht wieso. Ich war schon bedeckt damit und habe es getrunken.
Sie sollen offenbar langsam ein Experte beim Geschmack von Kunstblut sein?
Ja, es gibt ganz verschiedene Geschmacksrichtungen und Mixturen. Ich könnte Stunden über dieses Thema reden, aber ich will Sie damit nicht langweilen. (lacht)
„Der Charakter hat mir Angst gemacht.“
Welche Szene war für Sie am schwierigsten zu spielen?
Da gab es mehrere. Einige waren für mich persönlich schwierig, weil sie so weit weg sind von meiner eigenen Persönlichkeit. Die Szene zum Beispiel, in der mein Charakter eine Frau vergewaltigt, das war ein sehr dunkler Tag für mich. Aber diese Handlungen sind der Teil Geschichte, schon in der Buchvorlage zum Film. Sie zeigen den Abstieg von Wilders Charakter.
Speziell war auch jene Szene, in der Wilder den Kassettenrecorder einschaltet. Ursprünglich war geplant den Ton für die Kassette später hinzuzufügen. Aber während des Drehs hat Ben Wheatley plötzlich entschieden: “Wir sind auf dem richtigen Set, in der richtigen Szene, warum filmen wir dich nicht gleich dabei wie du die Kassette aufnimmst?” Also habe ich eine Flasche Whiskey genommen und wir haben sechs Minuten lang gefilmt, wie ich meinen Namen wiederhole: “ Mein Name ist Richard Wider. Mein Name ist Richard Wilder.”. Ich kann mich kaum mehr an diese Aufnahme erinnern, weil ich in eine Art Trance verfiel. Irgendwann habe ich nur noch gedacht: “Ruft der jetzt endlich Schnitt!”. Aber die Aufnahme kam dafür sehr real heraus.
Real wirkt die Aufnahme wirklich, vor allem in Kombination mit der fesselnden, energetischen Leinwandpräsenz von Evans. Eine Präsenz, die deutlich alles übertrifft, was er in seinen bisherigen Filmen gezeigt hat. Dass dieser Film mehr von ihm fordern würde, stellte er ziemlich rasch fest:
Normalerweise arbeitet man auf einer Intensitätsskala von 1 bis 10. Manchmal beginnt man bei 5, geht dann zu 10 und hört bei 5 wieder auf; aber nicht mit diesem Charakter. Meine erste Szene war die Party am Anfang, dafür brauchte ich bereits eine 8 oder 9. In diesem Moment habe ich realisiert, dass dieser Film physikalisch sehr anstrengend werden würde. Wilder ist eine unberechenbare Kreatur, die von seiner Alpha-Mann-Energie getrieben wird.
Wie kommt man nach so einem Tag wieder runter?
Normalerweise kann ich dies sehr gut, aber bei Wilder war das nicht so einfach. Wir sind oft nach Drehschluss noch einen trinken gegangen und ich habe versucht den Charakter loszulassen. Aber das war hart. Wenn man weit weg von zu Hause dreht, dann arbeitet, trinkt und sozialisiert man mit immer denselben Leuten. Es kam also einige Male vor, dass ich mich wie Wilder gefühlt habe, wenn wir in der Bar sassen. Das war seltsam.
Luke Evans: „Jeder hat getrunken, die ganze Zeit.“
Das Buch High-Rise war sehr beliebt unter Teenagern, als es herauskam. Ben Wheatley lass es als Jugendlicher. Haben sie es auch in Ihrer Jugendzeit gelesen?
Nein, das Buch wäre bei mir zu Hause nicht erlaubt gewesen – ich bin in einem sehr religiösen Haushalt aufgewachsen. Ben war ausserdem vermutlich viel der grössere Buchliebhaber als ich.
Im Buch ist Wilder noch durchgeknallter, er rennt zum Beispiel die ganze Zeit nackt herum. Wären Sie bereit gewesen, für Ihre Rolle noch weiter zu gehen?
Im Buch verwandelt er sich fast schon in einen Affenmenschen, eine Neandertaler-Kreatur. Wenn Ben mich darum gebeten hätte noch weiter zu gehen, hätte ich es getan. Ich vertraue ihm, er weiss genau, welches Level an Intensität er kreieren will. Aber Balance ist sehr wichtig und meiner Meinung nach haben sie genau die richtige für den Film gefunden. Aber ja, ich wäre sogar nackt rumgerannt, wenn Ben mich darum gebeten hätte und es sich im Kontext des Films richtig angefühlt hätte.
Im Film sagt allerdings jemand, dass Wilder die einzige, noch geistig gesunde Person im Hochhaus ist. Wie passt das zusammen?
Er ist zu Beginn des Filmes definitiv nicht die Person, über die man so etwas sagen würde. Aber im Verlauf der Geschichte verlieren sich alle anderen immer mehr in sich selbst, werden immer narzisstischer und hedonistischer. Daran nimmt er nicht teil. Er übernimmt die Rolle des Beobachters, er filmt, er versucht die richtigen Fragen zu stellen. Er will in den obersten Stock und den Architekten finden. Wilder verbindet die richtigen Punkte, er ist der einzige der irgendwann versteht wie das Gebäude und seine Bewohner funktionieren. Er durchschaut Laing.
Robert Laing wird von Tom Hiddleston gespielt, wie war es mit ihm zu arbeiten?
Grossartig. Wir haben vorher noch nie zusammengearbeitet, aber uns schon seit ein paar Jahren gekannt. Ich glaube die Rollen waren perfekt für beide von uns; die Chemie war von der ersten Sekunde an da.
Ihre nächste Rolle ist Gaston in der Realverfilmung von Die Schöne und das Biest. Was können Sie darüber schon sagen?
Es war eine lohnenswerte Erfahrung einen so bekannten Disney-Charakter zum Leben zu erwecken. Bekannt, aber vielleicht nicht sehr beliebt. (lacht) Er ist ja der Bösewicht, nicht sehr intelligent und sehr egoistisch. Aber gerade weil er so von sich selbst überzeugt ist, sind viele seiner Sprüche sehr unterhaltsam. Ich hatte zudem mit Josh Gad als Le Fou einen perfekten Sidekick. Sein komödiantisches Timing ist wirklich genial.
Singen Sie im Film? Damit würden sie sie ja zu Ihren Wurzeln als Sänger zurückgehen.
Ja, ich singe. Ich habe acht Jahre auf den richtigen Job dafür gewartet und der war perfekt. Singen ist meine erste Leidenschaft. Es war wirklich toll, zwei verschieden Aspekte meiner Karriere zu verbinden. Ich singe auch häufig an Geburtstagen, Hochzeiten oder bei Freunden.
Was singen Sie so?
Einer meiner Favoriten ist “The First Time Ever I Saw Your Face” von Roberta Flack. Vor kurzem habe ich ausserdem für einen Wohltätigkeitsanlass für die Katastrophe auf den Philippinen gesungen. Durch meine ehemalige Rolle im Musical Miss Saigon habe ich viele philippinische Freunde: Diese haben mich gefragt, ob ich für den Anlass singen würde. Für die Promotion von Die Schöne und das Biest werde ich vermutlich auch irgendwo live singen.
Das wird aber leider vermutlich leider nicht in der DACH-Region sein. Wir müssen uns wohl damit begnügen ihn als Gaston auf der Leinwand singen zu sehen. Bis dahin lohnt sich aber der Besuch von High-Rise.
High-Rise kommt am am 30. Juni 2016 in der Schweiz und in Deutschland und am 01. Juli 2016 in Österreich in die Kinos.
Kurz-Info Luke Evans
- geboren in Wales, 1979
- aufgewachsen unter Jehovas Zeugen, verliess diese mit 16 Jahren
- hat einen Abschluss des London Studio Centre
- startete seine Karriere als Musical-Sänger in London
- seine erste grosse Filmrolle war der Gott Apollo in Clash of the Titans (2010), 2011 spielte er erneut einen griechischen Gott in Immortals
- weitere Filme umfassen Fast and the Furious 6 (2013), Die drei Musketiere (2011), die Hobbit-Trilogie, Dracula Untold (2014)
- seine nächsten Filme sind The Girl on the Train (2016), Message from the King (2916) und Die Schöne und das Biest (2017)
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