
In «Censor» arbeitet Enid (Niamh Algars) in den 80er Jahren in der britischen Zensurbehörde. Tag für Tag sitzt sie mit korrekt frisierter Hochfrisur hin und entscheidet welche Szenen in Horrorfilmen geschnitten werden müssen. Scheinbar komplett unberührt sichtet sie mit sachlichem Blick die härtesten Filmen und ist überzeugt von der Wichtigkeit ihres Jobs.
Im Innern trägt sie aber ein altes Trauma mit sich: Ihre jüngere Schwester ist vor Jahren beim gemeinsamen Spielen verschwunden und Enid macht sich noch immer Vorwürfe dafür. Als sie glaubt ihre Schwester in einem der Filme zu erkennen, lässt sie sich somit von nichts aufhalten, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen.
Düstere Giallo, statt 80er Neonfarben
Obwohl Censor in den 80er Jahren spielt, fällt beim Schauen sofort die 70er Jahre Giallo Farbpalette auf. Knallige Neonfarben hat es hier definitv keine, Regisseurin Prano Bailey-Bond setzt stattdessen auf eine düstere, beklemmende Ästhetik. Damit gelingt es ihr eine einzigartige Stimmung schaffen, besonders wenn sich im Verlauf des Filmes die Grenzen zwischen Realität, Traum und Film immer mehr vermischen.
Dass Enid dabei nicht einfach durch das Schauen der Filme wahnsinnig wird, sondern ihr Trauma eine wichtige Rolle spielt, hebt die Geschichte von «Censor» von einem beliebigen B-Movie-Plot ab. Dazu ist «Censor» bis auf ein paar wenigen Szenen deutlich weniger blutig, als die von Enid gesichteten Filmen.
Ein Trip an die Grenzen der Realität
Bald kommt Enid noch durch eine weitere Sache unter Druck: Ein frisch gefasster Mörder, soll sich angeblich von einem Horrorfilm inspiriert haben lassen, den sie genehmigt hat und irgendjemand hat ihren Namen der Presse weitergegeben. Obwohl ihre Kolleg*innen hinter ihr stehen, helfen die Presseleute vor dem Ausgang nicht dabei, ihre zunehmende fragile Wahrnehmung stabil zu halten. Während der Suche nach ihrer Schwester, durch Produzentenzimmer und illegale Videoläden, gerät Enid zunehmend innerlich ins Straucheln.
Dabei verliert sich der Film selbst stellenweise in zu viele Seitenstränge, was einerseits natürlich gewollt passend ist, andererseits aber manchmal auch einfach unfokussiert wirkt. Zum Glück gelingt es Regisseurin Bailey-Bond aber für das grosse Finale alle Fäden erfolgreich wieder zuzusammen zu führen und ein starkes Ende abzulieferen.
Fazit
Censor ist eine wunderbare Hommage an die Horrorfilme der 70er & 80er Jahre mit einer grandiosen, düsteren Giallo Ästehtik – ein Trip an der Grenze zwischen Film & Realität.
4/5 Sterne
Censor lief am Neuchâtel International Fantastic Film Festival und läuft in Deutschland ab dem 29.07.2021 in den Kinos.
Censor (2021), Regie: Prano Bailey-Bond, UK.
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