
Im Jahr 2054: Ben und seine Freund*innen hängen irgendwo in ihrem dunklen Apartment rum, im Körper implantierte Technologie macht es kaum notwendig für sie nach draussen zu gehen. Dort gibt es auch nicht mehr viel zu sehen, haben doch mehrere Umweltkatstrophen der Erde schwer zugesetzt. Aber Ben hat ein Ding für alte analoge Schaltplatten und so stöbert er gelegentlich in einem Laden für Antiquitäten herum, wo er schliesslich das Objekt findet, das seine Welt auf den Kopf stellt: Ein alter Dokumentarfilm über Giraffen.
Weder Ben noch seine Kolleg*innen, haben nämlich jemals etwas von Giraffen oder all den anderen Tieren im Film gehört, einige zweifeln gar an der Echtheit der Bilder. Aber Ben will wissen, was mit den Tieren passiert ist und so führt ihn seine Suche über kryptische Hinweise hinweg in die Vergangenheit.
Soweit könnte «Everything Will Change» ganz gut ein gewöhnlicher Cyberpunk-Film sein, tatsächlich wirken die wunderschön gefilmten Bilder oft wie eine dreckigere Version des «Blade Runner»- Stils. Allerdings vollzieht Regisseur Marten Persiel schliesslich einen eigentlich raffinierten Kniff: Anstelle einer grossen Verschwörung von irgendwelchen Bösewichten mit etwas ökologischem Beigemisch, fokussiert er ganz auf das stattgefunden Artensterben und wechselt von da an zwischen Dokumentation und Fiktion.
Der Film greift echte Nachrichten über bereits stattgefundenes Artensterben und realistische Szenarien für die weitere Zukunft der Artenvielfalt auf und verknüpft sie mit der fiktiven Sci-Fi Geschichte. Dabei gelingt es Persiel nicht nur die Wichtigkeit der Tierarten fürs Ökosystem, sondern auch die Schönheit ihrer unglaublichen Vielfalt aufzuzeigen.
Lieder verliert er sich aber schliesslich so sehr im dokumentarischen Teil, dass die fiktive Geschichte praktisch vergessen geht. Irgendwann fühlt sich der Film nicht mehr wie eine Mischung aus Fiktion und Dokumentation an, sondern wie eine Dokumentation, die die Zuschauenden durch das Ködern mit einer Fiktionsgeschichte austricksen will. Das ist unglaublich schade, hätte doch gerade die fiktive Geschichte um Ben, viel Potential gehabt die Frage aufzuwerfen, was für eine Erde wir zukünftigen Generationen hinterlassen wollen.
Fazit
«Everything Will Change» wagt ein interessantes Experiment aus Sci-Fi-Fiktion und ökologischer Dokumentation, verliert sich aber leider schliesslich so sehr im Dokumentations-Teil, dass die fiktive Geschichte nicht mehr funktioniert.
2.5/5 Sterne
Everything Will Change läuft noch einmal am 30.09.2021 am Zurich Film Festival.
Everything Will Change (2021), Regie: Marten Persiel, Deutschland/Niederlande.
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