
Matthew Johnson brachte seinen Film über die Fälschung der Mondlandung ans 12. ZFF und unterhielt sich mit Blogbustersunter anderem über die Illusion von Wahrheit, die NASA und seine Inspirationen.
Jeder kennt die Verschwörungstheorie um die gefälschte Mondlandung. Matthew Johnsons zweiter Film beschäftigt sich damit in Form einer humorvollen Fake-Dokumentation. Ein Team aus CIA-Agenten schleust sich bei der NASA als Dokumentationsfilm-Crew ein, um einem Spion auf die Spur zu kommen. Dort finden sie sich aber plötzlich mit dem Auftrag wieder jenes Video zu erstellen, dass die Mondlandung beweisen soll.
Um mehr über diese Geschichte zu erfahren, treffe ich mich mit dem Regisseur im Festivalzentrum des Zurich Film Festival:
„Schweizer sind halt immer höflich. Kanadier meistens auch, aber manchmal sind wir furchtbar unhöflich und essen zum Beispiel während einem Interview.“
Matthew Johnson betritt den Raum mit Essen in der Hand, die Presseverantwortliche informiert mich leise, dass er bisher keine Zeit für sein Mittagessen hatte. Höflich will ich ihm die Zeit lassen um ihn Ruhe zu essen, aber Johnson will davon gar nichts wissen. Voller Energie besteht er drauf, dass Interview während seinem Lunch zu halten. Vielleicht entsteht aber gerade deswegen ein entspanntes Gespräch, dass beweist, dass hinter dem äusserste humorvollem Film ein ebenso humorvoller Mensch steht.
Beginnen wir mit der offensichtlichen Frage: Glauben Sie an die Mondlandung?
Matthew Johnson: Ja (lacht), ich glaube, dass die Amerikaner auf dem Mond waren, ansonsten wäre der Film ganz anders ausgefallen. Er wäre dann eher eine echte Dokumentation und wesentlich mehr- right-wing (lacht)
Ich habe mich entschieden einen Film über die Mondlandung zu machen, weil ich die Idee hinter der Verschwörungstheorie aufregend finde. Schon als Kind haben mich diese Theorien fasziniert und als die Gelegenheit auftauchte einen Film darüber zu machen, habe ich zugegriffen.
Warum haben Sie sich für das Found Footage Format entschieden?
Weil ich Dokumentationen liebe und wir konnten mit der Wahrheit spielen. Normalerweise geht man davon aus, dass Dokumentationen die Wahrheit enthalten und indem wir diese Filmsprache genutzt haben, konnten wir die Idee von Wahrheit versus Lüge pervertieren.
Hätten wir den Film auf traditionelle Weise gedreht, wäre er wesentlich weniger interessant geworden. Der Film versucht ja den Zuschauer zu überzeugen, dass das was er sieht der Wahrheit entspricht. Man weiss zwar, dass es nicht wahr ist, aber dennoch wirken die Geschehnisse real, glaubhaft. Ich finde die Idee faszinierend, dass man eigentlich weiss, dass etwas nicht wahr ist, aber dennoch glauben möchte, dass es der Wahrheit entspricht.
Das Found Footage Format ist also ein Meta-Kommentar.
Korrekt, auch zur Mond-Landung. Viele Leute sehen sich die Mondlandung an und denken: „Es sieht real aus, aber es fühlt sich nicht real an“. Oder: “ Es sieht unecht aus, aber ich fühle, dass es real ist.“
Operation Avalanche ist auch ein Periodenfilm, wie haben Sie optisch die 60er Jahre kreiert?
Wir haben an Orten gedreht, die alt aussehen. Zum Beispiel in den NASA Gebäuden in den USA, die immer noch gleich aussehen, wie in den 60er Jahren. Zudem haben wir viel mit Nahaufnahmen gearbeitet, auf diese Weise kann man viele moderne Elemente ausblenden.
Und die NASA hatte kein Problem damit, dass Sie in ihrem Gebäude gedreht haben?
Naja, sie haben nicht wirklich gewusst…. Wir haben behauptet, dass wir eine Dokumentation über die 60er Jahre drehen, wir haben gelogen.
Sie haben gelogen, um einen Film über Lügen zu drehen.
Ja, ich weiss (lacht). Das war der einzige Weg, um den Film so hinzubekommen.
Und wie findet die NASA den fertigen Film?
Sie sind ZIEMLICH angepisst. Der Film kam letzte Woche in den USA raus und die NASA war nur: “ Wir hassen diesen Film, er ist scheisse.“ (lacht)
Hat die NASA Sie auch für den Film beraten?
Ja, sie haben uns zum Beispiel die Blue-Prints für den Mond-Lander im Film gegeben. Sie haben uns erklärt, wie Mission Control funktioniert und wer damals welchen Job hatte. Sie haben uns eigentlich ziemlich viel geholfen. (lacht)
(lachend) Kein Wunder, sind sie jetzt nicht so glücklich.
Matthew Johnson: Ja, ich weiss, wir sind böse. (lacht)
„Wir kreieren etwas, dass derart real wirkt, dass gewisse Leute es glauben.“
In den Credits sind Sie als Sie selbst aufgelistet, genauso wie all die anderen Hauptdarsteller. Weshalb haben sie keine fiktionalen Charakter kreiert?
Matthew Johnson: Weil es so einfacher ist, wenn ich Leute filme, die nicht wissen, dass wir sie heimlich filmen, oder in welchem Kontext die Szene anschliessend verwendet wird. Ich stelle mich denen ja mit meinem echten Namen vor, um glaubhaft zu wirken und sie nennen mich dann während dem Gespräch auch bei diesem Namen.
Haben Sie ein paar Beispiele aus dem Film für solche Szenen?
Sicher, zum Beispiel wenn wir durch die Gänge in der NASA laufen und mit den Leute reden. Oder alle Interviews mit den NASA Mitarbeitern: Sie wussten, dass wir sie für eine Dokumentation filmen, aber nicht, dass es am Ende dieser Film wird. Das sind also alles echte NASA Mitarbeiter, die auch wirklich an der Apollo Mission beteiligt waren.
Stanley Kubrick kommt im Film auch kurz vor. Eine Referenz an die Verschwörungstheorie, die behauptet, er habe die Fake–Mondlandung gedreht?
Ja, er wird häufig in Verbindung mit der Verschwörungstheorie erwähnt. Vermutlich weil die Leute davon ausgehen, dass es einen Meister-Regisseur wie ihn bräuchte, um so etwas zu fälschen.
Aber meine Freunde und ich sind auch ansonsten grosse Kubrick-Fans und Operation Avalanche ist so stark inspiriert von Doctor Strangelove, dass wir Kubrick unbedingt im Film haben wollten.
Gibt es weitere Regisseure, die Sie inspirieren?
Die mich für diesen Film inspiriert haben? Alen J. Pakula zum Beispiel, oder die Maysles Brüder. Die Maysles haben die berühmte Dokumentation Gimma Shelter (1970) gedreht oder Grey Gardens (1975). Dieser Stil hat uns stark beeinflusst. Operation Avalanche „stiehlt“ Elemente von sehr vielen Filmen. Der vielleicht grösste Einfluss ist der Orson Welles Film F for Fake (1973), eine Dokumentation über Lügner und Leute, die Dinge faken. (lacht)
Haben Sie sich nie Sorgen gemacht, dass Sie mit ihrem Filmen jene Leute bestätigen, die an die Verschwörungstheorie glauben?
Ich finde genau das interessant. Wir kreieren etwas, dass derart real wirkt, dass gewisse Leute es glauben: „Oh, schaut mal, diese Filmemacher glauben dasselbe wie ich, hier habt ihr eure Beweise!.“ Und wenn sie dann realisieren, dass wir gar nicht wirklich daran glauben, muss das ein ziemlich irritierender Moment sein.
Sie scheinen definitiv eine Vorliebe für Meta-Kommentare zu haben.
JA! Ich bin besessen davon. Ich liebe, wie Film unser reales Leben beeinflusst und umgekehrt.
Haben Sie bereits Pläne für Ihr nächstes Projekt?
Ich drehe eine Fernsehserie in den USA mit Spike Jones, damit bin ich sicher das nächste Jahr beschäftigt. Es ist eine weitere Fake-Dokumentation über zwei Musiker, die versuchen berühmt zu werden. Eine Komödie.
Und wollen Sie irgendwann einmal etwas machen, dass keine Fake–Dokumentation ist?
(lacht) Mein nächster Film wird tatsächlich keine Fake-Dokumentation. Es geht um eine Zeitmaschine von Albert Einstein in den 1930er Jahren und Einstein wird von Werner Herzog gespielt. Sie nutzen die Zeitmaschine, um die Geschichte zu verändern. Aber zuerst muss ich die TV-Show fertig stellen.
Und was ist Ihre absolute Lieblings–Fake–Dokumentation?
Ein belgischer Film namens Man Bites Dog (1992) über einen Serienkiller.
Vielen Dank für Ihre Zeit, dann lasse ich Sie jetzt in Ruhe fertig essen.
Kurzbiografie Matthew Johnson
- Kanadier
- sein erster Film war The Dirties (2013) – ebenfalls eine Fake-Dok
- sein zukünftiges TV-Show-Projekt ist eigentlich ein Remake seiner eigenen Webserie Nirvanna the Band the Show (2007 – 2009)
- schrieb auch das Drehbuch zu seinen bisherigen Filmen/Serien
(Titelbild: zff.com )
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