Daniel (Gustave Kervern) möchte unbedingt Vater werden. Was ihm dabei ihm Weg steht: Er ist single, nicht sonderlich talentiert im Flirten und lebt auf einer Insel mit wenig Einwohnern. Dort untersucht er als Meeresbiologe das weltweite Aussterben von Fischen. Erst der Fund eines seltsamen Fisches und die Bekanntschaft mit Lucie (India Hair) führt zu Wendungen, die Aufzeigen was Daniel wirklich vermisst.
Ein Meeresbiologe, der verzweifelt versucht Fische zur Fortpflanzung zu animieren, während er selbst unter einem unerfüllten Kinderwunsch leidet, der trockene Humor des Films zeigt sich deutlich. Dies bedeute aber keinesfalls, dass Poissonsexe sarkastisch-düster wäre, ganz im Gegenteil. Vielmehr setzt der Humor ein positives Gegenstück zur Melancholie, die sonst die Charaktere und ihre Welt umgibt. Das Aussterben der Fische bringt die leise Drohung einer kommenden Apokalypse mit sich und hängt wie ein Schatten über der Gesellschaft. Genauso wie Daniel und Lucie jeweils mit ihrer eigenen Art von innerer Traurigkeit kämpfen.
Aber der kleine Fisch, der eines Tages am Strand der Insel auftaucht, erzeugt Wellen, die die Charaktere aus ihrer Lethargie reissen. Lucie tauft das kleine Wesen Nietzsche, weil ihr Doktor ihr dessen Buch anstellte von Schlaftabletten gegen ihre Schlaflosigkeit verordnet hat. Und «Nietzsche» ist ein Meisterwerk von zugleich niedliche und befremdlich wirkendem Kreaturen-Design. (UPDATE: Nietzsche ist ein real existierender Lurch, ein Axolotl. Vielen Dank für den Hinweis an Leser Scholer.) Er bringt Mysterien mit sich, die am Ende nie ganz aufgeklärt werden. Die speziellen Vorkommnisse in der Welt von Poissensexe dienen als Parabel für Emotionen und bleiben damit im Hintergrund.
Im Vordergrund stehen klar die menschlichen Figuren, die aus ihren Blasen gestossen werden und dabei Neues über andere und sich selbst entdecken. Auch wenn der Weg dahin über Paarungstherapien für Fische, Irrtümer in Dating-Apps und schlaflose Nächte führt.
Fazit
Poissonsexe ist ein hochsympathischer, unaufgeregter Film, der ohne jeglichen Kitsch ans Herz geht, darüber, dass wir uns manchmal derart in eine Idee verrennen, dass wir unsere eigentlichen Bedürfnisse nicht mehr wahrnehmen.
4/5 Sterne
Poissonsexe läuft vom 03. – 11. Juli 2020 an der Online-Ausagabe des NIFFF (nur CH).
Poissonsexe/Fishlove (2019), Regie: Olivier Babinet, Frankreich/Belgien.
(Titelbild: NIFFF)
Scholer meint
Nietzsche ist keine Design-Kreatur, sondern ein stinknormaler Axolotl.
Nicoletta meint
In dem Fall habe ich gerade eine neues Lieblingstier gefunden, vielen Dank für den Hinweis!
Werde den Artikel noch entsprechend anpassen.