1825: Die Irin Clare (Aisling Franciosi) lebt in einer australischen Strafkolonie in Tasmanien. Dort ist sie zwar glücklich verheiratet, untersteht aber als Leibeigene dem Leutnant Hawkins (Sam Claflin). Dieser missbraucht sie regelmässig und weigert sich ihre Entlassungspapier heraus zu geben. Eines Nachts eskaliert die Situation und Clare bleibt alleine mit ihrem toten Ehemann und Baby zurück. Sie schwört Rache und heuert den australischen Uhreinwohner Billy (Baykali Ganambarr) an, um Hawkins und seine Männer zu verfolgen.
Regisseurin Jennifer Kent hält sich nicht zurück mit der Darstellung von realistischer Gewalt, weswegen The Nightingale definitiv keine leichte Kost ist. Allerdings setzt Kent die Gewalt nie als blosses Schockmittel ein, sondern nutzt sie als präziser Bestandteil ihrer Erzählung. Überhaupt ist The Nightingale überraschend feinfühlig für einen Rache-Thriller. Bereits in ihrem letzten Film The Babadook (2014) zeigte Kent ein Talent dafür Genre-Filme mit ungewohnter Subtilität zu bereichern, das ist auch in The Nightingale deutlich spürbar.
Darunter gehört auch der Mut zu einer nicht nur sympathischen Hauptfigur. Clare ist zwar selbst widrigen Umstände ausgesetzt, deswegen zu Beginn aber nicht weniger rassistisch gegenüber den Uhreinwohnern als die von ihr verhassten Engländer.
Zugleich stellt sich der Film in dieser Hinsicht nie auf Clares Seite. Was insbesondere durch Billys Figur deutlich wird. Als Kind von den Engländern aus seiner Familie gerissen, umfasst sein Schmerz nicht nur die Misshandlung durch die Weissen, sondern auch der Verlust seiner Familie und die erzwungene Distanz zu seiner Kultur. Was Ganambarr in seinen Szenen derart gut hinüber bringt, dass er gerne noch mehr Raum im Film hätte erhalten können.
Zusammen verfolgen die beiden Clares Peiniger durch den dichten Urwald Australiens, dessen Enge die Kamera fantastisch einfängt. Durch das von Kent gewählt spezielle, fast quadratische, 1.33:1 Filmratio wird die beengende Situation der Charaktere zusätzlich verstärkt.
Die Charaktere von The Nightingale leben in einer dreckigen, brutalen Welt, die Kent nie beschönigt. Dennoch geben ihre Figuren nicht auf und verströmen alleine dadurch Hoffnung.
Fazit
The Nightingale ist unbarmherzig und brutal, aber nie des Schockes wegen und fährt gerade deswegen im Kontrast zur feinfühligen Zeichnung der Charaktere umso mehr ein.
4.5/5 Sterne
The Nightingale ist ab dem 25.06 2019 auf DVD, Blu-Ray & digital erhältlich und läuft aktuell im B-Movie Kino in Basel (CH).
The Nightingale (2018), Regie: Jennifer Kent, Australien.
(Titelbild: Matt Nettheim)
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